Jedermann weiß, dass ein Coach ein Mensch ist, auf den der Coachwillige gezielt zugeht. Kollegen, Bekannte, vertrauenswürdige Personen werden nach deren Empfehlungen gefragt. Der Wunsch dahinter: Ich möchte einen Menschen an meiner Seite, der mich versteht, dem ich vertrauen kann, der mir seine Kompetenz zu meinem Wohl für eine Zeit als Berater zur Verfügung stellt, bis ich mich wieder stark genug fühle, meinen Weg allein zu gehen. Ausschließlich von solch einer Person kann und will ich einen Rat annehmen. Nur so einem Menschen kann ich mich öffnen und meine geheimen Ängste und Unsicherheiten eingestehen. Das Gute daran - der Coach ist verschwiegen und unbeeinflusst von meinem Umfeld und - er verschwindet wieder aus meinem Leben. Ich muss mich nicht, wie in privaten Vertrauensbeziehungen, mit Altlasten herumschlagen, die mir später zum Problem werden können.
Alles bekannt. Nichts davon ist neu. Diese Situation vor Augen, breitet sich ein wohliges Gefühl in mir aus, eine spontane innere Bereitschaft zu geben und anzunehmen, offen zu sein ohne Angst verletzt zu werden.
Das und genau das ist die Voraussetzung dafür, dass ich lernen kann. Lernen heißt, gewohnte Strukturen aufbrechen und verändern, das eigene Repertoire erweitern und auffüllen. Dazu muss ich mich mit mir auseinander setzen, mich anstrengen, Widerstände überwinden, Unbequemlichkeiten hinnehmen, mich am Neuen freuen können, meine Anstrengungen wertschätzen, mich loben und lieben können.
Mögen Sie das Bild? Können Sie sich darauf einlassen?
Lösen Sie sich und folgen Sie mir in ein anderes Umfeld:
Sie sitzen mit zehn Personen in einem Raum. Sie sind angemeldet worden zu einem
Persönlichkeitstraining für Führungsqualifikation. Die Personalleitung
ist an Sie heran getreten, Gruppendruck hat Sie hierher gebracht. Man hat Ihnen
gesagt, Sie sollen es als Auszeichnung werten, als Chance für sich sehen.
Wie fühlen Sie sich? Geschickt? Fühlen Sie sich wirklich ausgezeichnet
oder eher unter Erfolgsdruck? Spüren Sie die öffentliche Anerkennung
Ihrer Leistungen oder haben Sie eher den Eindruck, Sie werden beobachtet und
bewertet? Was möchten Sie dem Trainer, der Sie aufmunternd anlächelt,
spontan mitteilen? Ihre Ängste, Ihre Befürchtungen, Ihre Unzulänglichkeiten,
Ihre geheimen Wünsche und Qualen? Oder möchten Sie am liebstem Ihrem
spontanen Impuls folgen und einfach wieder gehen?
Das letztgenannte Gefühl bestimmt leider nur allzu oft die Ausgangslage in einem Training. Warum ist das so? Und vor allem - muss das so sein?
Die Geschäftsleitung möchte ihren Mitarbeitern etwas Gutes tun, sie fördern. Das geschieht natürlich nicht ohne Eigennutz. Dahinter steht die Absicht, die Effizienz des Mitarbeiters zu erhöhen und damit seinen wirtschaftlichen Nutzen zu steigern. Verkauft wird die Trainingsmaßnahme als Chance für Ihr eigenes berufliches Fortkommen, als Lockruf auf die nächst höhere Stufe der Karriereleiter. Beides stimmt. Warum ist dann Ihr Gefühl so mies? Weil eine wesentliche Grundregel menschlichen Zusammenlebens verletzt wurde: Ihr Bedürfnis wurde nicht erfragt - für Sie ein Signal, dass es niemandem wichtig ist. Ergo: Sie fühlen sich nicht wertgeschätzt.
Der Weg aus dem Dilemma heißt:
Ergebnis: bereitwillige Teilnehmer, offen zum Lernen, bereit zu experimentieren mit neuen Verhaltensstrukturen, Lernerfolg von der ersten bis zu letzten Minute, motivierte Rückkehrer mit der Kraft, andere zu infizieren und das Gelernte zu multiplizieren. Freiwillige Teilnehmer sind der Virus zur Ausbreitung sozialer Kompetenz.
Kultivieren Sie in Ihrem Unternehmen die Freiwilligkeit. Der persönliche und wirtschaftliche Erfolg sind Ihnen sicher.
Christiane Grabow